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KlimaRZ Ausgabe 2/2023

Klimaschutz durch Kapitalmärkte?

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ISSN: 2748-1999
Ausgabe: 2
Jahrgang: 2023
Erscheinungstermin: 15. Februar 2023
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Klimaschutz durch Kapitalmärkte?

 

Klimaschutz geht uns alle an. Das gilt auch für die Kapitalmärkte, die unter dem Stichwort Sustainable Finance (nachhaltige Geldanlage) für Nachhaltigkeit und das existenzielle Ziel des Klimaschutzes verstärkt in die Pflicht genommen werden. Vorreiter dieser Entwicklung sind – wie so oft an den Kapitalmärkten – die USA. Larry Fink, der CEO von BlackRock, dem größten Vermögensverwalter der Welt, hatte im Jahr 2018 die Geschäftsleitungen börsennotierter Unternehmen in einem öffentlichen Brief zu mehr Nachhaltigkeit in ihren Geschäftstätigkeiten aufgefordert und zugleich eine Umstellung der Anlagestrategie der von BlackRock verwalteten Fonds auf nachhaltige Investitionen avisiert (vgl. Fink, 17.01.2018: A Sense of Purpose, s.u. https://fmos.link/18734 [Abruf: 19.12.2022]). Auch auf den europäischen Kapitalmärkten ist seit geraumer Zeit eine steigende Nachfrage nach nachhaltigen Investments zu verzeichnen. Zudem hat der europäische Gesetzgeber seit 2019 im Rahmen des sog. Green Deal verschiedene detailliert ausgestaltete Rechtsakte verabschiedet, wodurch nachhaltige Investments weiter gefördert werden sollen. Dazu gehört vor allem die OffenlegungsVO, die Finanzberater und andere Finanzmarktteilnehmer wie etwa Versicherer oder Fondsverwalter verpflichtet, ihre Kunden über die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten bei den betreuten Finanzprodukten zu informieren. Die TaxonomieVO aus dem Jahr 2020 und konkret für die Klimaziele die Klima-DelVO (DelVO (EU) 2021/2139) definieren, welche Aktivitäten als nachhaltig anzusehen sind. Außerdem wurde die Anlage- und Versicherungsberatung, insb. die Prüfung der Geeignetheit von Finanzprodukten für Anleger, sowie die Produktüberwachung durch das April-Paket der EU-Kommission aus dem Jahr 2021 um Nachhaltigkeitsaspekte ergänzt.

 

Doch ist das Kapitalmarktrecht tatsächlich geeignet, den Klimawandel zu stoppen? Zunächst einmal ist wichtig festzuhalten: Klimaschäden werden grds. – abgesehen von den stromintensiven blockchain-basierten Kryptowerten – nicht auf den Kapitalmärkten, sondern auf den Realmärkten vor allem durch CO2-Emissionen als maßgeblichen Treiber verursacht. Um klimaschädliche Emmissionen zu vermeiden und zu verringern, liegt es daher nahe, primär auf den Realmärkten anzusetzen und klimaschädliche Produktionen zu verbieten oder durch Steuern zu verteuern. Solange dies – aus welchen Gründen auch immer – nicht geschieht, handelt es sich bei der Indienstnahme der Kapitalmärkte um eine Second-Best-Lösung (Schön, ZfPW 2022 S. 207 [225]). Durch die Transparenz am Kapitalmarkt sollen Anleger verstärkt über die Nachhaltigkeit potenzieller Anlagen informiert werden. Dem europäischen Gesetzgeber geht es bei alledem darum, Anleger durch ein paternalistisches „nudging“ sanft zu „stupsen“ (to nudge), also zu motivieren, in klimafreundliche Anlagen zu investieren (Klöhn/Jochmann, KlimaRZ 2022 S. 12 [18]). Private Kapitalströme sollen so in Finanzinstrumente gelenkt werden, die u.a. klimaneutrale oder gar -freundliche Ergebnisse erzielen. Klimaschädliche Aktivitäten werden dagegen teurer und damit wirtschaftlich weniger lukrativ.

 

Doch was ist erforderlich, damit Transparenz am Kapitalmarkt einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann?

 

Erstens ist Greenwashing zu vermeiden. Erwägungsgrund Nr. 11 der TaxonomieVO definiert Greenwashing als „Praxis, durch die Bewerbung eines Finanzprodukts als umweltfreundlich einen unfairen Wettbewerbsvorteil zu erlangen, obwohl den grundlegenden Umweltstandards nicht entsprochen wird“. Die EU hat mit der TaxonomieVO zwar einheitliche Kriterien zur Verhinderung von Greenwashing formuliert. Der Alles-oder-Nichts-Ansatz erscheint aber vielfach zu grob, um alle Fälle angemessen zu erfassen.

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KlimaRZ Ausgabe 1/2023

Kohärenz im Kampf gegen den Klimawandel

KlimaRZ Ausgabe 1/2023 (Zeitschrift)

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Jahrgang: 2023
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Kohärenz im Kampf gegen den Klimawandel

 

Die gesellschaftlichen Leitdiskurse Klima und Nachhaltigkeit betreffen heute die Rechtswissenschaft und -praxis in nahezu all ihren Facetten. Zum Jahreswechsel steht hier besonders das Wirtschaftsrecht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Denn am 01.01.2023 tritt nicht nur das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft, das große Unternehmen zur Achtung von Umwelt- und Menschenrechtsbelangen entlang ihrer – auch grenzüberschreitenden – Wertschöpfungsketten verpflichtet. Dieser Meilenstein wird begleitet von zahlreichen weiteren wirtschaftsrechtlichen Vorgaben zur Förderung von Nachhaltigkeit. Noch im November 2022 haben das Europäische Parlament und der Rat eine Einigung über eine Corporate-Sustainability-Reporting-Richtlinie erzielt, die eine Erweiterung der nichtfinanziellen Berichterstattung, zu welcher große Unternehmen seit 2017 verpflichtet sind, auf eine Nachhaltigkeitsberichterstattung bewirkt. Allein die geänderte Terminologie – weg von der Dichotomie aus finanzieller und nichtfinanzieller Information und hin zum umfassenden Konzept der Nachhaltigkeit – belegt, dass es der Unionsgesetzgeber ernst meint mit der Nachhaltigkeitstransformation. Dies verdeutlicht auch der aktuelle Vorschlag einer Corporate-Sustainability-Due-Diligence-Richtlinie vom 23.02.2022, der deutlich über die Vorgaben des LkSG hinausgeht und in Art. 15 explizit auf die Eindämmung des Klimawandels durch Unternehmen abzielt. Ein aktueller Vorschlag für eine Ökodesign-Verordnung soll zudem zukünftig ein breites Spektrum von Produkten nachhaltiger gestalten, indem deren negative Umweltauswirkungen während ihres gesamten Lebenszyklus reduziert werden. Und spiegelbildlich zur Realwirtschaft sowie von ganz entscheidender eigener Bedeutung ist die Entwicklung eines nachhaltigen europäischen Finanzwesens. Diese hat die Kommission bereits 2018 mit ihrem Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums fulminant angestoßen; neben einer Änderung der Benchmark-Verordnung – hier wurde u.a. ein EU-Referenzwert für den klimabedingten Wandel eingeführt – und einem Vorschlag für einen europäischen Greenbond-Standard stehen hier insb. die Offenlegungsverordnung und – ganz zentral – die Taxonomieverordnung im Zentrum der Aufmerksamkeit. Letztere zielt darauf ab, eine umfassende Definition ökologisch nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten und Finanzprodukte bereitzustellen.

 

Allen genannten Rechtsakten liegen weitreichende und komplexe rechtliche Fragestellungen zugrunde. Ohnehin besteht heute kein Zweifel mehr, dass die soziale Marktwirtschaft i.S. einer Berücksichtigung auch ökologischer Nachhaltigkeit fortzuentwickeln ist. Zu groß sind die ökologischen, sozialen und ökonomischen Folgen, die unnachhaltiges unternehmerisches Verhalten weltweit verursacht. Es besteht Handlungsbedarf auch seitens der Rechtswissenschaft und hier insb. des Wirtschafts- und Unternehmensrechts, zumal dieses sich direkt an Unternehmen als die Hauptverursacher der Klimakrise richtet und deren Governance modelliert. Um hier eine geeignete rechtliche Infrastruktur zu schaffen und Greenwashing zu vermeiden, müssen Regelgeber zwei Dinge stärker beachten als bisher: Zum einen erfordert die Nachhaltigkeitstransformation einen kohärenten Ansatz, zum anderen muss das Konzept der Nachhaltigkeit in den einzelnen Rechtsakten stärker akzentuiert und definiert werden. Unterlässt man beides, so riskiert man Akzeptanz und Vertrauen der Normadressaten – dies hat die Möglichkeit der Einstufung von Atomenergie- und Erdgasaktivitäten als nachhaltig i.S.d. EU-Taxonomie eindrucksvoll belegt.

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KlimaRZ Ausgabe 6/2022

Behördlich kontrollierte Klimaplan-Pflicht für Unternehmen: Die geplante CSDD-Richtlinie der EU

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Ausgabe: 6
Jahrgang: 2022
Erscheinungstermin: 15. Oktober 2022
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Behördlich kontrollierte Klimaplan-Pflicht für Unternehmen: Die geplante CSDD-Richtlinie der EU

 

Bislang gab es nur lose Berührungspunkte zwischen dem Lieferkettenrecht und dem Klimarecht, weil das zum 01.01.2023 in Kraft tretende Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (LkSG) zwar auch „umweltbezogene Risiken“ (§ 2 Abs. 3 LkSG) betrifft, aber keine Vorgaben zur Treibhausgasemission bzw. zu spezifisch klimabezogenen Risiken enthält. Das wird sich ändern, wenn der von der Kommission der EU am 23.02.2022 vorgelegte Vorschlag für eine Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD; COM (2022), 71 final) verabschiedet und sodann auch von der Bundesrepublik umzusetzen sein wird.

 

Strukturell vergleichbar mit dem LkSG werden hierdurch verschiedene organisationsbezogene Pflichten als Teilelemente der in Art. 4 des Richtlinienvorschlags zugrunde gelegten Sorgfaltspflicht in der Lieferkette konstituiert. Sie betreffen ein Risikomanagement (Art. 5 CSDDD), eine Risikoanalyse (Art. 6 CSDDD), Präventionsmaßnahmen zwecks Vermeidung potenzieller negativer Auswirkungen (Art. 7 CSDDD), Abhilfemaßnahmen zur Behebung tatsächlicher negativer Auswirkungen (Art. 8 CSDDD) und ein Beschwerdeverfahren (ebenfalls Art. 8 CSDDD). Im Unterschied zum LkSG sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Unternehmen für Schäden haften müssen, wenn sie die geregelten organisationsbezogenen Pflichten zur Vermeidung potenzieller negativer Auswirkungen und zur Behebung tatsächlicher negativer Auswirkungen verletzt haben und als Folge dieses Versäumnisses negative Auswirkungen eingetreten sind (Art. 22 CSDDD). All das ist (insofern vergleichbar mit dem LkSG) sowohl auf die „eigenen Tätigkeiten“ der Unternehmen bezogen (Art. 1 Abs. 1 Buchst. a)) als auch auf Tätigkeiten im Inland (vgl. Erwägungsgrund 14 ff.).

 

Wie schon das LkSG sieht auch der Richtlinienvorschlag ein Public Enforcement in dem Sinne vor, dass einer noch zu bestimmenden nationalen „Aufsichtsbehörde“ (vgl. Art. 17 CSDDD) mehrere, in den Art. 18 ff. zugrunde gelegte Aufsichtsbefugnisse einzuräumen sind; es ist davon auszugehen, dass in Deutschland hiermit wiederum das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) betraut würde. Diese Befugnisse reichen von Auskunftsverlangen, Ermittlungs- und Kontrollmaßnahmen einschließlich Betretensrechten, und sie können/müssen in Verwaltungsakte zur Beendigung von Verstößen bzw. zur Abhilfe von festgestellten Verstößen münden. Bemerkenswert ist die Erweiterung der Sanktionen dahingehend, dass jede verhängte Sanktion zu veröffentlichen ist (sog. naming and shaming; vgl. Art. 20 Abs. 4 CSDDD) und dass Unternehmen, bei denen ein Verstoß festgestellt wurde, nicht nur von öffentlichen Aufträgen (wie nach § 22 LkSG), sondern auch von Fördermaßnahmen (vgl. Art. 24 CSDDD) i.S.v. Wirtschaftssubventionen ausgeschlossen sein sollen. Hinsichtlich der zu schaffenden Bußgeldbestimmungen beschränkt sich der Richtlinienvorschlag nicht auf die sonst übliche Formulierung, dass Sanktionen „effektiv, verhältnismäßig und abschreckend“ sein müssen (insoweit auch Art. 20 Abs. 1 Satz 2 CSDDD), sondern gibt explizit vor, dass Bußgelder „umsatzbezogen“ kalkuliert werden müssen und (wie bereits erwähnt) überdies veröffentlicht werden sollen (Art. 20 Abs. 3, 4 CSDDD). Die Einhaltung der Sorgfaltspflichten wird also durch eine privatrechtliche Haftung im Verbund mit stringenten verwaltungsrechtlichen Pflichten (der Unternehmen) respektive Eingriffsbefugnissen (der zuständigen Behörde) sichergestellt.

 

Nun wird es für den Klimaschutz spannend: Denn der Richtlinienvorschlag gestaltet nicht „nur“ Sorgfaltspflichten in der sowieso bereits weit strapazierten Lieferkette aus. Vielmehr enthält er darüber hinaus unmittelbar organisationsbezogene ESG-Pflichten. So normiert Art. 15 Abs. 1 CSDDD eine Pflicht zur (teilweisen) Ausrichtung der Geschäftsorganisation zwecks Beachtung des öffentlichen Interesses der „Eindämmung des Klimawandels“ (entsprechend den Zielen nach dem Pariser Übereinkommen). Konkret werden die Unternehmen zur Festlegung eines „Plans“ verpflichtet, mit dem sie sicherstellen, „dass das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft ... vereinbar“ ist. In diesem Plan soll „insbesondere ... ermittelt (werden), inwieweit der Klimawandel ein Risiko für die Unternehmenstätigkeit darstellt bzw. sich darauf auswirkt.“ In der Sache geht es darum zu untersuchen, ob das Unternehmen Klimarisiken ausgesetzt ist oder selbst solche verursacht. Hierbei handelt es sich schon nicht mehr um eine zwingend innerhalb des gesellschaftsrechtlichen Rahmens umzusetzende Pflicht. Vielmehr könnte der deutsche Umsetzungsgesetzgeber auch erwägen, sie (ähnlich wie aus dem Regulierungsrecht bekannt) unmittelbar öffentlich-rechtlich vorzugeben. In beiden Fällen würden jedenfalls gem. Art. 17 Abs. 1 CSDDD die verwaltungsverfahrensrechtlichen Pflichten gegenüber der zuständigen Behörde und deren beeindruckendes Befugnisse-Arsenal (das sog. Public Enforcement) einsetzen.

 

In Art. 15 Abs. 2 CSDDD wird diese organisationsbezogene Pflicht zur Aufstellung eines Plans dahingehend präzisiert, dass dann, wenn der Klimawandel als ein „Hauptrisiko oder eine Hauptauswirkung der Unternehmenstätigkeit“ ermittelt wurde, die Unternehmen „Emissionsreduktionsziele“ in ihren Plan aufnehmen müssen. Durch die Kombination der beiden ersten Absätze des Art. 15 CSDDD werden die Unternehmen letztlich in das gleiche Pflichtenprogramm eingebunden, wie die meisten Staaten es in Umsetzung der internationalen Klimaabkommen für den öffentlichen Sektor normiert haben (die Bundesrepublik Deutschland z.B. in §§ 3 ff., 9 Bundes-Klimaschutzgesetz). Auch zur Durchsetzung der Pflicht nach Art. 15 Abs. 2 CSDDD sieht Art. 17 Abs. 1 CSDDD das Public Enforcement vor.

 

In Art. 15 Abs. 3 CSDDD erfolgt schließlich eine (gesellschaftsrechtliche) Verknüpfung mit der „Festlegung variabler Vergütungen“ der Mitglieder der Unternehmensleitung. Diese sollen sich auch an der Erfüllung der Verpflichtungen des Unternehmens nach Art. 15 Abs. 1, 2 CSDDD orientieren, und zwar dann, „wenn die variable Vergütung an den Beitrag eines Mitglieds der Unternehmensleitung zur Strategie und zu den langfristigen Interessen und zur Nachhaltigkeit des Unternehmens geknüpft ist.“ Obgleich mit „Sorgfaltspflicht der Mitglieder der Unternehmensleitung“ überschrieben, gibt es schließlich mit Art. 25 CSDDD eine weitere, jenseits der Sorgfaltspflicht für die Lieferkette und d.h. allgemein unternehmensbezogene Organisationspflichten begründende Vorgabe. Danach sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Mitglieder der Unternehmensleitung „die kurz‑, mittel- und langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen für Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen, ggf. auch die Folgen für Menschenrechte, Klimawandel und Umwelt.“ In Verbindung mit Erwägungsgrund 63 Satz 2 wird dies näher dahingehend erläutert, dass eine „systematische Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Unternehmensentscheidungen“ gefordert sei. Diese beiden letzteren Pflichten liegen immerhin außerhalb des Public Enforcement.

 

Der CSDD-Richtlinienvorschlag steht im Gesamtkontext einer (auch international; vgl. Nietsch, KlimaRZ 2022 S. 22) konsequent ausgebauten „Nachhaltigkeits-Governance“ (Stichworte: Taxonomie, Nachhaltigkeits-Berichterstattung). Er würde eine signifikant verstärkte Indienstnahme des Gesellschaftsrechts für Gemeinwohlzwecke bedeuten, und zwar im Verbund mit einem seinerseits ausgebauten verwaltungsrechtlichen Durchsetzungsmechanismus. Die in den Anwendungsbereich dieses Vorschlags fallenden (bereits mittelgrößeren) Unternehmen müssen sich frühzeitig hierauf vorbereiten. Der EU- wie der Umsetzungsgesetzgeber wiederum muss darauf achten, dass die unternehmerische Organisationsautonomie keinen substanziellen Schaden nimmt. Rechtliche Grenzen im höherrangigen Recht wären der Verwirklichung dieses Vorhaben spätestens dann gezogen, wenn die Programmierung unternehmerischer Entscheidungen nach Art und Vielfalt der betroffenen Belange und Intensität der Durchsetzungsmechanismen ein bislang der Programmierung der staatlichen Entscheidungstätigkeit vorbehaltenes Niveau erreichen würde. Die Vorstellung, dass Staat und Privatunternehmen in gleicher Weise und Intensität für die Verwirklichung des Gemeinwohls (und damit auch von Nachhaltigkeitszielen) verantwortlich sein sollen, entspricht nicht dem Grundverständnis der europäischen Wirtschaftsgrundrechte und der Art. 12, 14 GG. Diese aber bilden die Grundlage für die gerade im Interesse des Klimaschutzes so dringend benötigte Innovations- und Transformationskraft der Unternehmen, die das BVerfG in seinem Klimabeschluss vom 24.03.2021 ausdrücklich bekräftigt (BVerfG vom 24.03.2021 – 1 BvR 2656/18 u.a., Rn. 249; vertiefend Burgi, NVwZ 2021 S. 1401).

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KlimaRZ Ausgabe 5/2022

Montana, Montana, Glory of the West

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Jahrgang: 2022
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Montana, Montana, Glory of the West

 

Der U.S.-Bundesstaat Montana ist bekannt für den Yellowstone National Park, die Erfindung des Warp-Antriebs (dies allerdings erst im Jahr 2063, jedenfalls lt. Star Trek: First Contact) und seinen Reichtum an Bodenschätzen, insb. Öl. Montana ist zudem einer von nur sechs nordamerikanischen Bundesstaaten, die in ihrer Verfassung verankert haben, dass der Staat eine saubere und gesunde Umwelt für heutige und zukünftige Generationen erhalten und verbessern muss („The state and each person shall maintain and improve a clean and healthful environment in Montana for present and future generations.“)

 

Insbesondere diese Regelung wurde nun zum Anlass genommen, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zwei und achtzehn Jahren einen Bundesstaat wegen seiner angeblich zu fossil-freundlichen Energiepolitik auf Kosten der jüngeren und zukünftigen Generationen verklagen darf (Held v. State of Montana, Klageschrift im Volltext frei im Internet abrufbar). Montana erzeugt derzeit seine Energie zu 47% aus Kohle und zu 4% aus Erdgas und Öl, mithin zu über der Hälfte aus fossilen Energien; der Rest wird aus Wind- und Wasserkraft gewonnen, was den Klägern jedoch nicht ausreicht. Der Prozess wird voraussichtlich im Februar des Jahres 2023 starten und live bei NBC im Fernsehen übertragen werden.

 

Kinder seien den Folgen der Klimakrise, die ihre physische und psychische Gesundheit und Sicherheit schädige, ihre familiären und kulturellen Grundlagen und ihre Integrität beeinträchtige und zu wirtschaftlichen Entbehrungen führe, in besonderem Maße ausgesetzt, so die Kläger in Montana. Das sind denkbar schwere und weitreichende Vorwürfe, die es zu belegen gilt. Die Jugendlichen müssen dazu u.a. beweisen, dass die Gesetzgebung Montanas eine wesentliche Ursache für einen klimawandelbedingten Schaden bei ihnen darstellt. Das wird nicht einfach werden, wie schon die Kausalitätsprobleme bei unseren heimischen „Klimaklagen“ eindrücklich zeigen.

 

Montana ist dabei zwar der erste, nicht aber der einzige Staat, in dem Kinder und Jugendliche zum Mittel der Klage greifen. Auch in Virginia, Utah und Hawaii wurden bereits ähnliche Klagen eingereicht, wobei jedes Mal die NGO „Our Childrens Trust“ eine federführende Rolle spielt – eine NGO, die bereits in der Vergangenheit mehrfach Klagen gegen einzelne Bundesstaaten, aber auch gegen andere Länder führte und mit dem Urteil in Juliana v. United States im Jahr 2020 eine empfindliche Niederlage einfuhr. Damals urteilte das Gericht, dass die von den Klägern geforderten Maßnahmenpläne „zwangsläufig eine Vielzahl komplexer politischer Entscheidungen erfordern, die wohl oder übel der Weisheit und dem Ermessen der Exekutive und der Legislative anvertraut sind“ – ein Argument, das man sehr häufig in der U.S.-amerikanischen Climate Litigation hört und nicht zuletzt auch durch eine bekannte Dokumentation auf Netflix über diesen Fall weitergehende Aufmerksamkeit erfuhr. Kein Wunder also, dass ähnliche Klagen in anderen Bndesstaaten (Washington, Pennsylvania, Oregon, Florida und Alaska) bereits häufiger gescheitert sind.

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KlimaRZ Ausgabe 3-4/2022

Klimaschutz durch European Sustainability Reporting Standards

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Jahrgang: 2022
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Klimaschutz durch European Sustainability Reporting Standards

 

Die Regulierung zum Schutz des Klimas nimmt verstärkt auch die Unternehmen in die Pflicht. Politisch gewollt ist nicht weniger als eine „grüne Transformation“ der Wirtschaft. Das trifft den Nerv vieler Stakeholder (Kunden, Arbeitnehmer, Kapitalgeber usw.).

 

An der Legitimation der Bewegung ist kaum ein Zweifel erlaubt. Besonders die EU sieht sich als „Speerspitze“ und ersinnt allerlei Regulierungsideen. Sie reichen von neuen Berichtspflichten mit einem erweiterten Anwendungsbereich (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) über „grüne“ Rahmenbedingungen für die Lenkung von Finanzströmen (durch die Sustainable Finance Disclosure Regulation [SFDR] und die EU Sustainable Finance Taxonomie) bis hin zur Normierung besonderer Sorgfaltspflichten in Konzernen und entlang der Lieferketten (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDD). Der Ansatz, durch Berichtspflichten Verhaltensänderungen anzustoßen („nudging approach“), hat in den Unternehmen tatsächlich viel bewegt.

 

Dass sich auch die Unternehmen ihrer Verantwortung für den Klimawandel stellen und ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten müssen, dürfte in der Tat außer Zweifel stehen. Rechtspolitisch fraglich ist nicht das Ob, sondern allein das Wie der unternehmensrechtlichen Regulierung mit dem Ziel des Klimaschutzes.

 

Insoweit geben allerdings drei Kennzeichen der jüngeren „grünen Regulierung“ Anlass zur Sorge: Die Vorschläge sind in Teilen sachlich und zeitlich überambitioniert, zu detailverliebt und bürokratiegläubig.

 

Der Entwurf für eine CSRD beispielsweise ist von perfektionistischem Gutmeinen geprägt. Auf der Grundlage dieser Richtlinie soll die Kommission im Wege delegierter Rechtsakte in kürzester Zeit detaillierte „tailored European Sustainability Reporting Standards“ (ESRS) erlassen. Dabei will sich die EU auch nicht etwa zunächst auf Klimaaspekte beschränken, sondern gleich die ganze ESG-Trias (Environment, Social, Governance) regeln. Mittlerweile liegt ein Paket von Entwürfen für 17 ESRS vor, von „General Principles“ (ESRS 1) und „General Strategy, Governance and Materiality Assessment, Disclosure Requirements“ (ESRS 2) über „Climate Change“ (ESRS E1), „Pollution“ (ESRS E2), „Own Workforce“ (ESRS S1-4), „Workers in the Value Chain“ (ESRS S5) bis hin zu „Governance, Risk Management & Internal Control“ (ESRS G1). Gefordert werden mehr als 200 Angaben, die ca. 1.000 Datenpunkte benötigen.

 

Allein durch diese Berichtspflichten werden Hunderte zusätzliche Seiten im Lagebericht der Unternehmen von hoher Komplexität kreiert. Ob diese Informationsflut förderlich ist und ob hier Kosten und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis stehen, mag man bezweifeln. Zudem ist das Projekt zeitlich überambitioniert. Die ersten Entwürfe liegen seit April 2022 vor. Bereits zum 31.10.2022 sollen die ersten finalen Standards als delegierte Rechtsakte erlassen sein. In so kurzer Zeit ist ein intensiver rechtspolitischer Diskurs des umfangreichen Regelwerks kaum möglich. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht ist zudem problematisch, dass die Regeln für das EU Sustainability Reporting nach dem Vorbild des Financial Reporting im Wege der detaillierten „Standardsetzung“ (statt der herkömmlichen abstrakt-generellen Gesetzgebung) erlassen werden sollen. Erneut wirken zwei Strömungen auf die Rechtsentwicklung: Erstens fordern viele Akteure, darunter Geschäftsleiter, Aufsichtsräte und Stakeholder, eine externe inhaltliche Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Davon verspricht man sich eine erhöhte Verlässlichkeit (Assurance). Die politisch exzellent vernetzte Branche der Wirtschaftsprüfer steht gern bereit. Prüfbarkeit setzt aber eine hinreichende Konkretisierung des Sollobjekts voraus, was sich als Argument für mehr Detailregeln anführen lässt. Zweitens sehnen sich viele Rechtsanwender nach möglichst eingehender Orientierungshilfe, auch zur Absicherung gegen Haftungsrisiken. Regulierung durch detaillierte Standards führt indessen zu hoher Komplexität, zu zunehmender Bürokratisierung der Unternehmen und letztlich zum Verlust von Freiheitsgraden. Die Gewinner sind einmal mehr die Beratungs- und Prüfungsgesellschaften. Es ist eine Ironie der (EU-)Gesetzgebung, dass sie jenen am meisten nützt, deren Oligopol sie vorgibt aufbrechen zu wollen.

 

Zudem finden parallel Standardisierungsprozesse auf internationaler Ebene statt. So arbeitet auch der International Sustainability Standards Board (ISSB) an globalen Standards für die Nachhaltigkeitsberichte. Sogar die US-amerikanische SEC wird mittlerweile einschlägig aktiv. All das erhöht die Komplexität und die Unsicherheiten für die Anwender weiter.

 

Last but not least ist im Bereich der CSDD und der nationalen Lieferketten-Regulierung ebenfalls eine zunehmende Bürokratisierung der unternehmerischen Tätigkeit angelegt. Über die Einhaltung der Sorgfaltspflichten sollen Behörden wachen, in Deutschland das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA, §§ 12 ff., 24 LkSG). Die dahinterstehende Bürokratiegläubigkeit entspricht zwar dem Zeitgeist, hinterlässt aber ein deutliches Unbehagen.

 

Die skizzierten Regulierungen sind gut gemeint. Sie sind in der Grundrichtung auch richtig. Aber: Weniger wäre mehr. Die Anpassung an den Klimawandel wird nur gelingen, wenn die Menschen in den Unternehmen überzeugt und mitgenommen werden und Freiheitsgrade für Innovationen verbleiben. Nicht mehr Bürokratie und Informationsüberflutung, sondern auf das Wesentliche konzentrierte Berichte und dadurch angestoßene grundlegende Veränderungen sind die Schlüssel zur Bewältigung der Klimakrise. Für die (europäische) Rechtsentwicklung wäre es ebenfalls wünschenswert, wenn die für die Praxis wichtigen Regeln vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber normiert würden. Den Erlass von ESRS im Wege der delegierten Rechtsakte der Kommission zu übertragen, die sie ihrerseits an private Standardsetter outsourct, ist rechtsstaatlich und demokratietheoretisch fragwürdig.

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KlimaRZ Ausgabe 2/2022

Rechtliche Herausforderung Klimaschutz oder die Bedeutung des Rechts beim Klimaschutz

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Rechtliche Herausforderung Klimaschutz oder die Bedeutung des Rechts beim Klimaschutz

 

Welchen Einfluss der Klimaschutz auf das Recht hat und vice versa, wird in der Rechtspolitik zunehmend diskutiert. Um das Bild des grauen Riesen zu bemühen, stellt sich die Frage, ob der Elefant im rechtsoder klimapolitischen Raum steht und wenn ja, ist es ein rechts- oder klimapolitischer Elefant. Für jede der aufgezeigten Perspektiven spricht einiges. Wir können beobachten, dass die Klimaschutzdebatte in der Rechtspolitik sowohl auf der Brüsseler als auch auf der nationalen Ebene eine gewichtige Rolle spielt. So spiegelt sich z.B. der sog. Green Deal der Europäischen Kommission in zahlreichen Regelungen wider.Nicht nur in den unmittelbaren Klimaschutzregelungen, sondern auch darüber hinaus finden sich in zahlreichen Reformvorschlägen und Gesetzen Regelungen zum Klimaschutz. Selbst in dem aktuellen Kommissionsvorschlag über menschenrechtsbezogene Pflichten in der Lieferkette zeigen sich weitreichende klimaschutzrechtliche Vorgaben in Art. 15 des Entwurfs der Corporate Sustainability Due Diligence Directive,  ie den Einfluss des Green Deals auf nahezu alle aktuellen Reformprojekte und Entwürfe verdeutlichen. Geht es nach der EU-Kommission, sollen zukünftig die Unternehmen verpflichtet werden, ihre Geschäftsstrategie und ihr Lieferkettenmanagement an dem Pariser Klimaschutzabkommen auszurichten; was dies für Praxis und die Justiziabilität des unkonturierten Verpflichtungstatbestands bedeutet, kann sich jeder Praktiker in bunten Farben ausmalen.

 

Für die Unternehmenspraxis hat die Ausgangsfrage der Perspektive eine grundlegende Bedeutung für die Organisationsstruktur. Kurz gesagt, geht es um die Frage, wer das Thema treibt und wer den Hut aufhat. Klar verteilt sind die Spielanteile bei den klassischen Haftungsfragen. Bei Fragen der Angreifbarkeit, Verteidigung oder Haftung sind zumeist die Fachleute aus dem Legal-Bereich im Lead. Durch die zunehmende Tendenz, politische Entscheidungen im Wege der dritten Gewalt zu forcieren, gewinnt diese Perspektive zunehmend an Bedeutung. Aber auch bei grundlegenden Strategiefragen und Produktinnovationen liegt der Ball inzwischen immer öfter im Spielfeld der Rechtsabteilung, die mitberatend hinzugezogen wird. Dies zeigt die enge Verwobenheit zwischen Klimaschutz- und Rechtspolitik. Wie weit mittlerweile die Klimaschutzpolitik selbst für Gewerkschaften reicht, zeigt der Beitrag „Klimaschutz als Zieldefinition für Gewerkschaften“ von Carsten Schirrmacher.

 

Überdies sehen wir auch in der Politik zahlreiche rechtliche Reformbemühungen und Regelungskorrekturen, die für den Klimaschutz enorme Bedeutung haben. Ein Beispiel ist das Planungs- und Genehmigungsverfahren. Das Regelungsgeflecht der Genehmigungsverfahren mit den langwierigen Entscheidungs- und Verfahrensdauern machen den enormen Handlungsbedarf der Politik mit Blick auf den zeitkritischen Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich. Wobei der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen nur eine Seite der Medaille ist. Die Ausrichtung in den Unternehmen an eine klimaneutrale Strategie und die damit notwendigen Umrüstungen und Neuplanungen in und an den jeweiligen Standorten als Kehrseite derselben Medaille führen uns abermals den bestehenden Handlungsdruck der Politik vor Augen, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und die Rechtsrahmen hierfür zu straffen. Nicht ohne Grund hat sich die Ampel-Koalition das entsprechende Ziel gesetzt, die Dauer der Genehmigungsverfahren zu halbieren. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Bundesregierung mit der ambitionierten Zielsetzung nicht verhebt. Es wäre mit Blick auf die klimapolitischen Ziele fatal, wenn die dringend benötigte Beschleunigung von Genehmigungsverfahren scheitern und damit das Signal gesetzt würde, es handele sich um eine nicht erreichbare und folglich um eine politisch verbrannte Zielsetzung.

 

Das Beispiel des politischen Reformprojekts, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, ist einmal mehr ein Beleg für die Wechselwirkung zwischen Recht und Klimaschutz. Nicht ohne Grund hat sich die Vorsitzende des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, Elisabeth Winkelmeier-Becker, in der letzten und der Vorsitzende des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung, Helmut Kleebank, in dieser Ausgabe zu Wort gemeldet und die Bedeutung des Klimaschutzes für die Rechtspolitik und umgekehrt betont – womit wir wieder bei der Ausgangsfrage wären.

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KlimaRZ Ausgabe 1/2022

Verbandsklagen im Klimaschutz

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ISSN: 2748-1999
Ausgabe: 1
Jahrgang: 2022
Erscheinungstermin: 15. Mai 2022
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Verbandsklagen im Klimaschutz

 

Die Zeiten, in denen Ökonomie und Ökologie die Notwendigkeit des Klimaschutzes unterschiedlich bewerteten, sind vorüber. Die Wirtschaft forciert den Klimaschutz, der sich unter gleichen Wettbewerbsregeln auszahlt. Die Ökologie erkennt, dass Umweltschutz nur in sozial verträglicher Weise durchgesetzt werden kann. Beide gehen den Klimaschutz heute als Partner in gemeinsamer Anstrengung an.

 

Diese Partnerschaft öffnet den Raum für einen neuen Diskurs über den Klimaschutz unter allen gesellschaftlichen Gruppen. Sie gibt den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften Gelegenheit, in einen umfassenden Dialog mit Umweltschutzorganisationen und Unternehmen, mit Politik und Medien zu treten. Die „KlimaRZ“ will diese Chance in der Diskussion um den Klimaschutz literarisch wahrnehmen. Sie wird ein für alle Beteiligten offenes Forum bieten, in dem sich Wissenschaft und Praxis in Beratung und Verwaltung, Politik und Gesellschaft mit den Fragen des Klimaschutzes befassen und seine Ziele fördern können.

 

Das vorliegende erste Heft konzentriert sich auf die Frage, ob der Klimaschutz durch die Dritte Gewalt im Staat durch Rechtsfortbildung vorangebracht werden kann oder ob die Gerichte sich dabei eher zurückhalten und dem Parlament das Klimaschutzrecht ganz überlassen sollten. Der Klimaschutzbeschluss des Bundesverfassungsgerichts, die Entscheidungen „Urgenda“ und „Royal Dutch Shell“ in den Niederlanden bis hin zum Rechtsstreit um den Feinstaub am Stuttgarter Neckartor belegen die Brisanz von Verbandsklagen, die sich einen generellen Umschwung und einen weiteren Impuls durch die Gerichte erhoffen. Das Thema stellt grundsätzliche Fragen an Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaat sowie allgemein an die Legitimation von Richterrecht. Werden Gerichte mit Verbandsklagen in die Rolle des Aktivisten gedrängt oder erfüllen sie nur wie bisher ihre Aufgabe der Rechtskontrolle? Ist es sinnvoll, klimapolitische Kontingentierungen von CO2-Emissionen über Jahrzehnte hinaus schon heute im parlamentarischen Gesetz festzuschreiben, das im Streitfall den Richter streng bindet? Sind gerichtliche Verfahren, deren Prozessordnungen sich grundsätzlich auf Rechtsfragen und den Streit zwischen Prozessparteien ausrichten, überhaupt geeignet, umweltpolitische Konzepte voranzubringen? Oder verfolgen sie nur die individuellen Interessen der Beteiligten und treffen Entscheidungen für die Gesamtgesellschaft allein am Maßstab des Rechts ohne Rücksicht auf ökonomische, politische und soziale Belange? Reicht die mittelbare demokratische Legitimation der Gerichtsbarkeit für die Bildung von Richterrecht aus, um Regeln im Umweltschutz mit Wirkung für uns alle zu treffen, oder verlässt sie damit bereits ihre Bindung an Recht und Gesetz und entwirft statt der Ersten Gewalt Gesamtkonzepte für den Umweltschutz?

 

Verbandsklagen im Klimaschutz werfen eine Fülle von Fragen auf. Das vorliegende erste Heft der „KlimaRZ“ versucht, sie wissenschaftlich zu erörtern und zu beantworten.

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