Reform der VO 1/2003: Eine Frage des Vertrauens Die Reform der VO 1/2003 durch die Kommission sollte auf einer zutreffenden Diagnose beruhen, wie diese VO die Tätigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden beeinflusst hat. Entgegen anderen Darstellungen wird hier argumentiert, dass die VO 1/2003 die nationalen Behörden nicht so sehr gestärkt, sondern eher eingeschränkt hat, primär, weil die Kommission ihnen nicht uneingeschränkt vertraut. Die VO 1/2003 hatte eine geringere Wirkung als angenommen. Gäbe es eine größere Bereitschaft, den nationalen Behörden zu vertrauen, könnte eine ambitioniertere Reform konzipiert werden. Drei Verbesserungsvorschläge werden dargestellt, die einen vierten Vorschlag motivieren: der Kommission größere Ressourcen zuzuteilen, wenn man ernst machen will mit der Verstärkung der Durchsetzung.
Ein Jahr nach Inkrafttreten der als „Vertikal-GVO“ bekannten VO 722/2022 befasst sich der Artikel mit den praktischen Auswirkungen der reformierten Verordnung und ihrer Leitlinien. Da die Reform keine grundsätzlichen Anpassungserfordernisse für bestehende Liefer- und Vertriebsverträge ausgelöst hat, werden sich ihre Folgen erst im Zeitablauf zeigen. Die Kommission wagt mit der Überarbeitung von Vertikal-GVO und Leitlinien den Spagat, durch detaillierte Ausführungen mehr Rechtssicherheit zu schaffen, riskiert aber auch, dass die angestellten Bewertungen von der Marktentwicklung überholt werden. Die Autoren begrüßen, dass die Kommission insgesamt nur behutsam in bewährte Freistellungsgrundsätze eingegriffen hat, die sich im Zeitablauf als wirksam und praktikabel erwiesen haben.
Die Binnenmarktverzerrung ist ein zentraler Begriff der Drittstaatensubventions-Verordnung. Sie legt fest, wann die Europäische Kommission einschreiten darf. Seine Auslegung muss im Gesamtsystem der DSVO stimmig sein und hat kartell- und beihilfenrechtliche Grundsätze zu berücksichtigen. Bei Unternehmenskäufen ist auf den Markt des Zielunternehmens abzustellen. Sofern eine Subvention mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar wäre, wenn sie von einem Mitgliedstaat gewährt würde, verzerrt sie nach der DSVO den Binnenmarkt nicht.
Das Google-Datenverfahren des Bundeskartellamts entfaltet Signalwirkungen für die Auslegung von § 19a GWB, für das Verhältnis der Norm mit dem Digital Markets Act (DMA) sowie für das Verständnis des DMA selbst. Das Bundeskartellamt sah in Googles diensteübergreifender Datenverarbeitungspraxis einen Verstoß gegen § 19a Abs. 2 Nr. 4 GWB und erstreckte über die Verpflichtungszusagen – in Abstimmung mit der Kommission – die Verpflichtung des Art. 5 Abs. 2 DMA auf Google-Dienste, die nicht als zentrale Plattformdienste benannt wurden. Das Verfahren zeigt auf, wie der DMA zukünftig auf Verfahren nach § 19a GWB einwirken wird. Dabei werden Grenzen einer neben dem DMA bestehenden parallelen Rechtsdurchsetzung gemäß § 19a GWB sowie mögliche Chancen eines solchen Vorgehens deutlich.