In der EU-Fusionskontrollpraxis zeigt die Kommission eine klare Präferenz für Divestmentzusagen zur Lösung wettbewerbsrechtlicher Bedenken. Um die zugesagte Veräußerung an einen geeigneten Erwerber sicherzustellen, hat sie die besonderen Spielarten „up-front-buyer“ und „fix-it-first“ etabliert. Diese verschärften Formen von Abhilfemaßnahmen binden den Vollzug des Zusammenschlusses an die Genehmigung eines ganz bestimmten Erwerbers. In der Praxis stellt dies gewisse Herausforderungen für die beteiligten Parteien dar. Es gibt allerdings alternative Transaktionsstrukturen, um diese Schwierigkeiten zu vermeiden.
Art. 210a GMO ist eine neue sektorspezifische Ausnahme vom Kartellverbot, die neben die Einzelfreistellung und Gruppenfreistellungsverordnungen tritt. Sie erlaubt horizontale und vertikale (Preis-)Absprachen, sofern landwirtschaftliche Erzeuger beteiligt sind. Verbesserte Verhandlungspositionen der landwirtschaftlichen Erzeuger, höhere Erzeugerpreise und längere Vertragslaufzeiten sind ausdrücklich erwünschte Ziele. Die Ausnahme findet seit dem 09.12.2021 unmittelbare Anwendung und bedarf keiner vorherigen „Freigabe“. Mit Leitlinien der EU-Kommission vor Dezember 2023 ist nicht zu rechnen. Bei unzureichender Anwendung der Ausnahme droht Erzeugern allerdings eine zusätzliche Ausnutzung der Verhandlungsposition nachfragestarker Handelsunternehmen.
„Computational antitrust“ ist ein neuartiger kartellrechtlicher Ansatz, der darauf abzielt, den technologischen Fortschritt im Bereich computertechnischer und datengetriebener Verfahren für die Kartellrechtsanwendung nutzbar zu machen. Potentiale ergeben sich dabei insbesondere für die kartellbehördliche Praxis, die der vorliegende Beitrag in den Fokus rückt. Anhand konkreter Anwendungsbeispiele wird veranschaulicht, dass ein „(more) computational approach“ die Anwendung und Durchsetzung des Kartellrechts vielfach erheblich erleichtern, teilweise gar auf eine gänzlich neue Stufe heben kann.
Sorgen um die „unilateralen“ antikompetitiven Effekte von Common Ownership gründen oft in der Annahme, dass kapitalmarktorientierte Unternehmen in ihrer Zielfunktion die Portfoliointeressen ihrer Eigentümer berücksichtigen. Der Beitrag illustriert und kritisiert den gängigen industrieökonomischen Ansatz zur Motivation dieser Effekte am Beispiel eines vereinfachten Modells. Als Schadenstheorie scheinen derartige Modelle ungeeignet: Die zentrale Annahme ist mit der unternehmensrechtlichen Wirklichkeit kaum zu vereinbaren. Corporate Governance-Aspekte müssen in der Common Ownership-Diskussion mehr als nur beiläufige Beachtung finden. Dies gilt sowohl für die Analyse der Mechanismen, über die antikompetitive Effekte vermittelt werden könnten als auch für die Ausgestaltung etwaiger Interventionen.