Rechtliche Herausforderung Klimaschutz oder die Bedeutung des Rechts beim Klimaschutz
Welchen Einfluss der Klimaschutz auf das Recht hat und vice versa, wird in der Rechtspolitik zunehmend diskutiert. Um das Bild des grauen Riesen zu bemühen, stellt sich die Frage, ob der Elefant im rechtsoder klimapolitischen Raum steht und wenn ja, ist es ein rechts- oder klimapolitischer Elefant. Für jede der aufgezeigten Perspektiven spricht einiges. Wir können beobachten, dass die Klimaschutzdebatte in der Rechtspolitik sowohl auf der Brüsseler als auch auf der nationalen Ebene eine gewichtige Rolle spielt. So spiegelt sich z.B. der sog. Green Deal der Europäischen Kommission in zahlreichen Regelungen wider.Nicht nur in den unmittelbaren Klimaschutzregelungen, sondern auch darüber hinaus finden sich in zahlreichen Reformvorschlägen und Gesetzen Regelungen zum Klimaschutz. Selbst in dem aktuellen Kommissionsvorschlag über menschenrechtsbezogene Pflichten in der Lieferkette zeigen sich weitreichende klimaschutzrechtliche Vorgaben in Art. 15 des Entwurfs der Corporate Sustainability Due Diligence Directive, ie den Einfluss des Green Deals auf nahezu alle aktuellen Reformprojekte und Entwürfe verdeutlichen. Geht es nach der EU-Kommission, sollen zukünftig die Unternehmen verpflichtet werden, ihre Geschäftsstrategie und ihr Lieferkettenmanagement an dem Pariser Klimaschutzabkommen auszurichten; was dies für Praxis und die Justiziabilität des unkonturierten Verpflichtungstatbestands bedeutet, kann sich jeder Praktiker in bunten Farben ausmalen.
Für die Unternehmenspraxis hat die Ausgangsfrage der Perspektive eine grundlegende Bedeutung für die Organisationsstruktur. Kurz gesagt, geht es um die Frage, wer das Thema treibt und wer den Hut aufhat. Klar verteilt sind die Spielanteile bei den klassischen Haftungsfragen. Bei Fragen der Angreifbarkeit, Verteidigung oder Haftung sind zumeist die Fachleute aus dem Legal-Bereich im Lead. Durch die zunehmende Tendenz, politische Entscheidungen im Wege der dritten Gewalt zu forcieren, gewinnt diese Perspektive zunehmend an Bedeutung. Aber auch bei grundlegenden Strategiefragen und Produktinnovationen liegt der Ball inzwischen immer öfter im Spielfeld der Rechtsabteilung, die mitberatend hinzugezogen wird. Dies zeigt die enge Verwobenheit zwischen Klimaschutz- und Rechtspolitik. Wie weit mittlerweile die Klimaschutzpolitik selbst für Gewerkschaften reicht, zeigt der Beitrag „Klimaschutz als Zieldefinition für Gewerkschaften“ von Carsten Schirrmacher.
Überdies sehen wir auch in der Politik zahlreiche rechtliche Reformbemühungen und Regelungskorrekturen, die für den Klimaschutz enorme Bedeutung haben. Ein Beispiel ist das Planungs- und Genehmigungsverfahren. Das Regelungsgeflecht der Genehmigungsverfahren mit den langwierigen Entscheidungs- und Verfahrensdauern machen den enormen Handlungsbedarf der Politik mit Blick auf den zeitkritischen Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich. Wobei der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen nur eine Seite der Medaille ist. Die Ausrichtung in den Unternehmen an eine klimaneutrale Strategie und die damit notwendigen Umrüstungen und Neuplanungen in und an den jeweiligen Standorten als Kehrseite derselben Medaille führen uns abermals den bestehenden Handlungsdruck der Politik vor Augen, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und die Rechtsrahmen hierfür zu straffen. Nicht ohne Grund hat sich die Ampel-Koalition das entsprechende Ziel gesetzt, die Dauer der Genehmigungsverfahren zu halbieren. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Bundesregierung mit der ambitionierten Zielsetzung nicht verhebt. Es wäre mit Blick auf die klimapolitischen Ziele fatal, wenn die dringend benötigte Beschleunigung von Genehmigungsverfahren scheitern und damit das Signal gesetzt würde, es handele sich um eine nicht erreichbare und folglich um eine politisch verbrannte Zielsetzung.
Das Beispiel des politischen Reformprojekts, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, ist einmal mehr ein Beleg für die Wechselwirkung zwischen Recht und Klimaschutz. Nicht ohne Grund hat sich die Vorsitzende des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, Elisabeth Winkelmeier-Becker, in der letzten und der Vorsitzende des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung, Helmut Kleebank, in dieser Ausgabe zu Wort gemeldet und die Bedeutung des Klimaschutzes für die Rechtspolitik und umgekehrt betont – womit wir wieder bei der Ausgangsfrage wären.
Produkteigenschaften
- Medium: eBook
- Verlag: Fachmedien Otto Schmidt KG
- Sprache(n): Deutsch
- Ausgabetyp: PDF