Unternehmen sind einer zunehmenden Zahl parallel anwendbarer Regulierungsinstrumente und Sanktionsmechanismen ausgesetzt. Das mag zwar eine rechtspolitisch nachvollziehbare Reaktion auf neue Geschäftsmodelle sein, die vom tradierten Rechtsrahmen allein nicht effektiv erfasst werden. Es steigt jedoch die Gefahr einer Verfahrenskumulierung, die den Schutzgehalt des ne bis in idem-Grundsatzes berührt. In zwei Leiturteilen aus 2022 (bpost, Nordzucker) änderte der EuGH seine bisherige Rechtsprechung zu den grundrechtlichen Grenzen der Verfahrenskumulierung im europäischen Wettbewerbsrecht. Der vorliegende Beitrag untersucht die Auswirkungen auf die Durchsetzung des Kartellrechts, des sektoralen Regulierungsrechts, des DMA und des Datenschutzrechts.
Mit Wirkung zum 01.01.2023 hätten neue Fassungen der FuE- und Spezialisierungs-GVO in Kraft treten sollen, was sich wegen der Berücksichtigung des Feedbacks aus den öffentlichen Konsultationen um mindestens 6 Monate verzögern wird. In diesem Beitrag werden die Entwurfsfassungen vom 01.03.2022 behandelt. Die wohl größte Neuerung liegt in der ausdrücklichen Erfassung sehr früher FuE-Phasen in der FuE-GVO-E. Problematisch erscheint dabei die neue Freistellungsvoraussetzung für FuE-Vereinbarungen zwischen Innovationswettbewerbern, die mindestens drei vergleichbare konkurrierende FuE-Anstrengungen verlangt. Die Ausweitung der Freistellungsmöglichkeiten nach der Spezialisierungs-GVO wird dagegen begrüßt.
Mit der 11. GWB-Novelle soll im deutschen Kartellrecht eine Generalklausel für Abhilfemaßnahmen nach Sektoruntersuchungen etabliert werden. Für eine verfassungsrechtliche Bewertung dieser Generalklausel lohnt sich ein Blick ins Polizei- und Ordnungsrecht, wo die Rechtsprechung Maßstäbe für die Anwendung von Generalklauseln entwickelt hat. Bei einer Übertragung dieser Maßstäbe ins Kartellrecht erscheint eine Generalklausel als grundsätzlich zulässig, der Anwendungsbereich wird aber durch Parlamentsvorbehalt und Bestimmtheitsgrundsatz deutlich begrenzt. Insbesondere erscheint es verfassungsrechtlich zweifelhaft, ob eine Entflechtung angesichts der nicht hinreichend konkretisierten Vorgaben des Gesetzgebers zu den Anwendungsvoraussetzungen auf die Generalklausel gestützt werden kann.
Die Funktionsweise von Kartellen und damit auch die durch sie eventuell verursachten Schäden hängen wesentlich vom jeweiligen Bezugspunkt der Koordinierung ab. Während Preiskartelle eine Koordinierung auf einen einheitlichen Preis erfordern, deren Einhaltung überwacht werden muss, kann bei einem Marktaufteilungskartell jedes Unternehmen in seinem Gebiet Preise autonom setzen. Eine Koordination ist somit auch bei ansonsten intransparenten Märkten möglich, solange die Marktaufteilung beobachtet werden kann. Dies hat unmittelbare Konsequenzen für die Schadenstheorie und damit auch für die Schadensquantifizierung, da nicht von einem homogenen Preisaufschlag ausgegangen werden kann und angebots- sowie nachfrageseitige Unterschiede zwischen den Kartellteilnehmern berücksichtigt werden müssen.